понедельник, 27 апреля 2015 г.

L. Ivashkevych Kiew (Германістика)


Feministische Wortbildung in der deutschen Sprache
Der öffentliche Kommunikationsraum war noch nie so zugänglich für breite Bevölkerungsschichten wie heute. Dadurch wächst die Zahl der Neologismen und okkasionellen Neuschöpfungen ständig, und die deutsche Sprache ist hier wegen ihrer reichen wortbildenden Möglichkeiten, vor allem durch das Potential der Komposita, in einer besonders günstigen Lage. Traditionell gehört eher die Politik zu den Feldern, wo am meisten sprachliche Neubildungen entstehen, so nennt die Gesellschaft für deutsche Sprache in ihrem letzten sprachlichen Jahresrückblick die Wörter „GroKo“ („Große Koalition“), „Armutseinwanderung“ und „Ausschließeritis“ unter den „Wörtern des Jahres“. Wie auch bei diesem „Wettbewerb“ überwiegen zusammengesetzte Substantive ebenfalls unter den im Rahmen des Projekts „Die Wortwarte“ festgestellten Neubildungen (vgl. „der Mautminister“, „das Leiterloch“, „das Viralvideo“ usw.). Die Zusammensetzung ist nicht nur in Bezug auf die Semantik ein sehr bequemes Wortbildungsmittel, sie entspricht auch der Forderung nach Sprachökonomie, und darüber hinaus erlaubt sie es auch, Emotionen und Bewertungen treffend auszudrücken [1, 357].
Einen besonderen Platz in den modernen Prozessen der Wortbildung nimmt nach unserer Ansicht das Wortgut, das infolge der Bemühungen um eine geschlechtsgerechte Sprache entstanden ist, ein.
Aus der Forderung nach einer geschlechtsbezogenen Korrektheit der Sprache hervorgegangen, wird die Tendenz zur Feminisierung der deutschen Sprache nicht nur in der Entstehung einzelner Neubildungen deutlich, sondern auch in Veränderungen hinsichtlich der Paradigmen. Die Eigenart der feministischen Wortbildung besteht vor allem in ihrem Systemcharakter, der daraus resultiert, dass feministische Neuschöpfungen nicht als Neubenennungen entstehen, die bestimmte inhaltliche oder konzeptionelle Lücken füllen, sondern eine alternative Redeweise ermöglichen. Damit ist verbunden, dass die Feminisierung nicht nur durch eine Doppelanrede (Bürgerinnen und Bürger), nicht nur durch Verbreitung des Suffixes -in für die Bezeichnung weiblicher Personen (Kundin, Richterin, Zimmerin), nicht nur in Form des Binnen-I für die gleichzeitige Benennung von beiden Geschlechtern (AutorInnen, KünstlerInnen), nicht nur in substantivischen Bildungen wie Mitarbeitende (statt Mitarbeiter), Frauschaft (statt Mannschaft) oder Bauberechtigte (statt Baumann) erfolgt, sondern auch Verben wie vertöchtern (statt versöhnen),  Adjektive wie bemenscht (statt bemannt) oder Pronomen jefraud (statt jemand), jedefrau (statt jedermann), frau oder mensch (als Indefinitpronomen statt man) ins Leben ruft. Außerdem sind infolge der Anstrengungen, die Sprache geschlechtsgerecht zu machen, folgende Erscheinungen entstanden:
(1) Das weiss jedeR, der oder die … (Die Wochenzeitung. — Nr. 10/2014, 06.03.2014);
(2) Wer einen Menschen aus Mordlust, Habgier … tötet, wird wegen Mordes mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft… (statt Mörder );
(3) das stellvertretende Mitglied (statt der Stellvertreter);
(4) Bei Teilnahme an… wird ein Unterhaltsgeld gewährt (statt Teilnehmern … wird gewährt) usw. (Beispiele 2-4 wurden dem Bericht der Arbeitsgruppe Rechtssprache vom 17. Januar 1990 entnommen [3]).
Im ersten Beispiel sehen wir, wie die Idee der sprachlichen Emanzipation der Frau die übliche Schreibweise nicht nur durch das Majuskel-I, sondern auch durch das Prinzip der fakultativen Großbuchstaben am Wortende ändert. Die anderen Beispiele zeigen syntaktische Umschreibungen, die es zulassen, direkte Personenbezeichnung zu vermeiden und die besonders in die Rechtssprache einen breiten Eingang gefunden haben. Nennenswert scheint hier auch der Vorschlag der feministischen Sprachkritikerinnen zu sein, generisches Neutrum für personenbezeichnende Substantive einzuführen. So sollten z. B. die Bezeichnungen „der Direktor“ und „die Direktorin“ nur geschlechtsspezifisch gebraucht werden, für die geschlechtsneutrale Bedeutung sollte dagegen „das Direktor“ dienen.
Mit Rücksicht auf das oben Behandelte stimmen wir also der deutschen Linguistin Maria Pober zu, die behauptet, dass die Feminisierung der Sprache auf orthographischer, morphologischer, syntaktischer und semantischer Ebene erfolgt [2, 31]. Die Sprachwissenschaftlerin spricht sogar von einer „feministischen Sprachvarietät“, die zumindest aus sprachwissenschaftlicher Sicht der Standardsprache gleichwertig sein sollte. Diese Idee der „feministischen Sprachvarietät“ korreliert mit der vorstehenden These von der geschlechtsbezogenen Umgestaltung der ganzen Kommunikationseinheiten, also mit der Verwirklichung der Idee der geschlechtlichen Korrektheit auf der Textebene. Relevant scheint es, die feministische Sprechweise vom Standpunkt der Sprachtätigkeit aus zu betrachten, die ihre Ziele hat und für die von ihren Subjekten entsprechende Mittel und Instrumente gesucht werden.
Eine weitere Besonderheit der feministischen Wortbildung besteht in der Tatsache, dass Neuschöpfungen nicht als Ergebnis freier kreativer Sprachtätigkeit, sondern durch eine Ersatztechnik entstehen. Als Grundlage für die Entstehung neuer Spracheinheiten dient hier fast immer die traditionelle „androzentrische“ Form, die in der neuen alternativen Variante semantisch negiert wird. Es ist einleuchtend, dass die Entfaltung der Idee der geschlechtsgerechten Gestaltung von Texten in Widerspruch mit der Abhängigkeit von den traditionellen sprachlichen Formen gerät. Einerseits spiegelt die Tendenz zur Feminisierung der Sprache gesellschaftliche Erfordernisse nach einer neuer Sprachbehandlung der Geschlechter wider, andererseits bleiben die alten sprachlichen Mittel der Geschlechtsbezeichnung stets mitgemeint, wenn auch durch neue Formulierungen ersetzt. Gerade diese Tatsache führt dazu, dass der sprachlichen Sichtbarmachung der Frau vorgeworfen wird, dass sie die Ungleichheit der Geschlechter betont statt sie aufzuheben [4].
Die genannte Erscheinung ist eng damit verbunden, dass sich die feministische Wortbildung auf die Form der Wörter konzentriert, wobei oft eben die äußere und nicht die innere Form eine entscheidende Rolle spielt. So betonen z. B. die von den Vertreterinnen der feministischen Sprachkritik vorgeschlagenen Pronomen jefraud oder jederfrau, oder Wörter wie Frauschaft die „männliche“ Komponente der traditionellen Wörter, die in ihrer Semantik eigentlich nicht aktualisiert wird. Das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache bestimmt beispielsweise die Mannschaft als „Gruppe von Menschen mit gemeinsamer Funktion“, das Geschlecht wird also überhaupt nicht erwähnt. Als Unterbegriffe des Wortes werden unter anderem Frauenmannschaft, Männermannschaft und Mädchenmannschaft angeführt. Die Notwendigkeit, das Geschlecht zu präzisieren, zeugt davon, dass das Wort Mannschaft semantisch geschlechtsneutral ist, was auch die Etymologie des Wortes bestätigt: laut etymologischem Wörterbuch von Friedrich Kluge geht das Wort auf die Verallgemeinerung der Bedeutung „das Kollektiv“ zurück. So zieht hier die feministische Umdeutung eine Art Ad-hoc-Etymologie durch, indem sie gerade die formelle Komponente der Angehörigkeit zum männlichen Geschlecht semantisch in den Vordergrund stellt. Ähnlich werfen die Feministinnen dem Wort „herrlich“ Androzentrismus vor, obwohl es ursprünglich eine Weiterbildung von „hehr“ ("grau(haarig)", dann „ehrwürdig“, „vornehm“) war, und erst später auf Herr bezogen und entsprechend abgewandelt wurde. Auch beim Verb „versöhnen“ entdecken wir beim Nachschlagen im etymologischen Wörterbuch, dass es sich um eine Ableitung vom Wort „Sühne“ („Genugtuung“, „Vergeltung“, „Versöhnung“) und nicht von „Sohn“ handelt.
Es wird darüber hinaus noch zu klären sein, inwiefern die fortlaufende Tendenz zur Feminisierung der Sprache mit dem Gesetz der Sprachökonomie und anderen Entwicklungstendenzen der deutschen Sprache korreliert.
Literatur
1. Брандес М. П. Стилистика текста. Теоретический курс : учебник / Маргарита Петровна Брандес. — [3-е изд., перераб, и доп.]. — М. : Прогресс-Традиция; ИНФРА-М, 2004. 416 с.
2. Pober, M. Gendersymmetrie. Überlegungen zur geschlechtersymmetrischen Struktur eines Genderwörterbuches im Deutschen / Maria Pober. Würzburg : Königshausen & Neumann, 2007. – 561 S.
3. Maskuline und feminine Personenbezeichnungen in der Rechtssprache: Bericht der Arbeitsgruppe Rechtssprache vom 17. Januar 1990. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/12/010/1201041.pdf
4. Thurner I. Der Gender-Krampf verhunzt die deutsche Sprache / Ingrid Thutner // Die Welt, 2. Februar 2013. —http://www.welt.de/debatte/kommentare/article113305194/Der-Gender-Krampf-verhunzt-die-deutsche-Sprache.html

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